16. Juli 2007 |
Eigentlich wollten wir bei Isabell nur einen Gruß von
Freunden vorbei bringen. Da sie aber englisch sprach kamen wir
ins Gespräch und sie lud uns dann spontan ein, mit ihr am
nächsten Tag auf ihre Perlenfarm zu kommen. Tom konnte
nicht, da er noch einige Sachen an Bord zu tun hatte, aber ich
nahm die Einladung voller Interesse an. Wo hat man schon die
Möglichkeit eine Perlenfarm auf ganz persönliche Weise zu besuchen
ohne touristische Veranstalter. Also rasselte am nächsten
Morgen um 5 Uhr in noch völliger Dunkelheit der Wecker und
Tom brachte mich kurz vor 6 Uhr zu Isabells Haus, wo sie schon
mit zwei ihrer Mitarbeiter im Pick Up auf mich warteten.
Dann ging es in der Morgendämmerung um die halbe Insel.
Wow, welch ein schöner Anblick. Die große türkisfarbene
Lagune mit diversen Perlenfarmen im Wasser. |
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Lagune mit Perlenfarmen |
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Kaum an der
Perlenfarm angekommen ging es gleich los. Wir waren nun insgesamt
zu sechst auf der Farm. Isabell erklärte mir sofort
ein paar Arbeitsgänge, denn ich wollte unbedingt mitarbeiten
und nicht nur zusehen. Als erstes fuhr ich mit zwei Jungs mit
dem Boot und Schnorchelsachen raus zu den Leinen, an welchen
die Brutkörbe der Austern hängen, um die Austermenge
für einen Tag einzuholen. Das sind um die 450-500 Stück.
Ein "Spezialist" kann bis zu 350 Austern ernten und
ein paar Austern sind von vornherein kaputt. Also ich kann euch
sagen, das ist schon eine ganz schön schweißtreibende
Sache. In einem Korbnetz sind 8-10 Austern und man nimmt 4 komplette
Körbe an, welche man dann an Bord nimmt. Das sind schon
so einige Kilo pro Fuhre und das ca. 55 mal. Die Körbe,
in denen die Austern platziert werden, dienen zum Schutz
vor Raubfischen und andererseits zur guten Durchflutung jeder
einzelnen Auster. Diese brauchen absolut klares und sauberes
Wasser, sonst nimmt die Perlenqualität gravierend ab. Sie
würden an Größe, Farbe und Glanz verlieren. Deshalb kommen
auch nur sehr wenige Plätze für die Farmen in Frage.
Auf den Gambier Inseln und in den Tuamotus sind die "schwarzen
Zuchtperlenfarmen" fast die einzigen Plätze. |
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Säuberung der Austern |
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Brut-Drahtnetz |
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Danach werden Austern mit einem Hochdruckreiniger
gereinigt um sauber aus den Körben genommen zu werden. Alles
weitere wird von angelernten Personal übernommen. Jede Auster
vorsichtig mit einem Gummi-Keil leicht geöffnet,
damit "der Spezialist" später mit chirurgischer
Präzision die Perlen entfernen und den neuen Nukleus einsetzten
kann. |
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Spezialist am Arbeitsplatz |
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Diese "Spezialisten" werden speziell
ausgebildet und oft sogar noch aus Japan eingeflogen. Denn hier
sind zwei Dinge gefordert: sichere präzise und auch schnelle
Arbeit. Erstens können die Austern nur wenige Stunden außerhalb
des Wassers bleiben und zum anderen werden diese "Spezialisten" nach
einem recht teurem Stundenlohn bezahlt. Die Erntezeit ist nur
in den Monaten März und April möglich. Isabell hat
zur Zeit 150.000 Austern erntereif. Das heißt weniger Arbeitsstunden
bedeuten mehr Geld für sie. Die "Spezialisten" öffnen
die Auster nun soweit, dass sie gerade mit chirurgischen
Instrumenten in das Innere der Auster greifen können, setzten
einen kleinen Schnitt in das Bindegewebe, holen die Perle
heraus und setzten direkt einen neuen Nukleus ein. Dieser ist
eine ebenfalls aus Perlmut bestehende Perle die etwa
nach zwei Jahren erneut geerntet werden kann. Warum aber wird
dieser überhaupt mit dem ihrigen Perlmut überzogen?
Weil sie den Nukleus als Fremdkörper
empfindet und da sie ihn nicht los wird umschließt sie
ihn letztendlich mit dem eigenen Perlmut, so das sie
die Perle als ihre eigene ansieht. Bis zu drei mal kann man eine
Auster mit einem neuen Nukleus bestücken, danach schafft
sie keine gute Perlenqualität mehr. |
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Chirurgische Präzision |
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Nach der letzten Ernte öffnet
man sie dann ganz und kann alles von der Muschel verwerten. Das
Muschelfleisch geht in die Gastronomie und die Schalen kann man
zu diversen anderen Dingen verwerten: Schmuck, Pistolengriffe,
Akkordeontasten, Knöpfen, Handtaschen, Gürtel, Haarspangen....
sogar in der Kosmetikbranche hat sie Einzug erhalten. |
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Französisch
Polynesien produziert zur Zeit pro Jahr ca. 6 Tonnen
Perlen im Wert von über 130 Millionen Dollar! Den Rest
des Jahres werden die Austern bis zur
nächsten Erntesaison immer wieder mit den Drahtgeflecht
aus dem Wasser genommen, kontrolliert und gereinigt. Übrigens
sagen die Polynesier, dass Eva als sie aus dem Paradies vertrieben
wurde, weiße Tränen (Perlen)
weinte und Adam schwarze. Deshalb gibt es auch weniger schwarze
Perlen, da Adam seinen Tränen nicht so den Lauf gab wie
Eva. |
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Hier noch ein paar Tipps, die ich durch die
vielen Gespräche mit den netten Menschen auf der Perlenfarm
gelernt habe:
- Perlen nie lange auf bloßer Haut tragen, da das Perlmut
dann an Glanz und Farbe verliert
- Beim Kauf einer schwarzen Perle ans Tageslicht gehen um die Farben
zu sehen oder man kann die Perle auch in ein gewölbtes weißes
Blatt Papier legen. Es ist erstaunlich, wie man dann alle Farben der Perle
erkennt.
- Die schwarzen Perlen möglichst nicht auf der
Farbe Rot tragen, diese erstickt die Farben der Perle
- Am besten wirkt die Farbenvielfalt auf leicht gebräunter Haut,
was erklärt, warum meist die Tahitianerin für die Werbefotos
genommen werden ;-) |
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Perlenvielfalt |
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Es
gibt nicht nur die runden Perlen, sondern noch diverse
individuelle Formen und Farben. Hier in Bora Bora kostet eine
recht perfekte Perle über 300 € (wobei es nie "perfekte" Perlen
gibt, denn es ist ein Naturprodukt). Ich für meinen Geschmack
finde die "nicht runden" auch viel schöner, sie
zeigen doch gleich das Individuelle aus, oder? |
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