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SY-Breakpoint - Saison 2002

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Juni 2002 - Unsere stürmischen Flitterwochen

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Unsere stürmischen Flitterwochen

 

Juni 2002

Im Juni sind wir für vier Wochen Richtung West-Schweden gesegelt. Nach knapp 36 Stunden sind wir schon in Grena angekommen. Nach zwei Tagen ging es weiter nach Göteburg. Die Schären vor der Stadt sind wunderhübsch. Man konnte sich gar nicht satt sehen. Es ist immer wieder lustig, wie große und kleine Schiffe sich fast spielerisch in den zum Teil sehr engen Fahrwassern bewegen. Ab und zu sieht es aus, als wenn sich die Segler direkt auf den flachen Schären bewegen. In Göteburg begannen dann unsere Abenteuer. Wer den Cityhafen kennt, weiß das dort Festmacherleinen angebracht sind, was Tom und ich aber leider zu spät gesehen hatten. Da dort im Hafenbecken ein sehr starker Querschwell durch Fähren steht, sind wir im Becken vertrieben und eine Festmacherleine wurde in die Schraube gewickelt. Blitzschnell haben wir unsere Breakpoint abgefendert und über das ganze Becken abgespannt, denn der Schwell drohte ihre 14 Tonnen gegen die weitaus kleineren Yachten zu drücken. Tom sprang mit Taucherbrille und Messer in das trübe Wasser, um uns zu befreien. Nach weiteren 15 Minuten Stress waren wir endlich frei und sind aus diesem Becken heraus, denn hier wollten wir nicht bleiben. Wir fanden einen schönen Platz an der Außenmole. Später haben wir noch drei weitere Boote dort gegen den Querschwell kämpfen sehen.

Nach den anfänglichen Schwierigkeiten zeigte sich Göteburg dann aber doch von seiner schönen Seite. Die Stadt bietet abwechslungsreiche Architektur, viele alte Häuser aber auch moderne Gebäude. Viele Veranstaltungen brachten Abwechslung in den harten Segleralltag. Besonders beeindruckt hat uns ein Live-Konzert auf einem alten Traditionssegelschiff direkt im Hafen, welches wir als Mithörer mit einem Glas Wein im Cockpit der Breakpoint genossen.

Nach einigen Tagen ging es weiter an der Küste entlang, Richtung Norden. Dabei gab es fast nur Starkwind. Der nächste Stop war die Insel Hjätön. Ein sehr schönes, grünes Eiland. Eine nette Abwechslung zu den kargen Außenschären. Von dort ging es in die Bucht von Dannemark. Dort erlebten wir ein wirkliches Unwetter und ein weiteres Abenteuer. Hierzu Toms E-Mail an einen Freund:

04:30 Uhr Bordzeit und gerade geht die Sonne auf. Ich sitze im Salon und halte bereits seit 02:45 Uhr Wache. Tati versucht zu schlafen, liegt aber wach in der Koje. Alles begann gestern, als wir gegen 17:00 Uhr unsere vorgesehene Ankerbucht Dannemark vor dem Südausgang des Hamburgsund erreichten. Wir hatten einen Tagesschlag durch den Skagerrak am Außenrand der Schären hinter uns und wurden von heftigen Gewittern in den relativen Schutz der Schären gezwungen. Unser ursprüngliches Tagesziel Strömstadt, auf unserem Weg Richtung Oslo, mussten wir aufgeben. Wir hatten an einer Muringtonne in der relativ großen Ankerbucht festgemacht. Gerade hatte ich zur Sicherheit eine zweite Festmacherleine zur Muring ausgebracht, als außer uns noch eine weitere, ebenfalls deutsche Yacht in die Ankerbucht einlief. Eine riesige, furchterregende, schwarze Gewitterfront zog rasch heran. Wir aßen gerade Abendbrot als die ersten Böen in Orkanstärke einfielen. Fasziniert und in Sorge über die Haltbarkeit unserer Muring beobachteten wir das sich anbahnende Chaos um uns herum. Donner, Blitze, Regen so dicht, das die Sicht unter 50 m betrug. Trotzdem war ich gerade am eindösen als mich Tatis Ausruf alarmierte. Von Bord der deutschen Yacht Schnussi hatte sich das am Heck geschleppte Beiboot gelöst und der Skipper war nur mit einem T-Shirt bekleidet ins Wasser gesprungen und ihm hinterher geschwommen. Die Yacht ankerte etwa 200 m von uns entfernt. Der Sturm trieb das Beiboot in unsere Richtung und der Skipper hatte es ca. 50 m von uns entfernt eingeholt. Mit letzter Kraft hatte er sich in das fast gänzlich mit Wasser gefüllte Schlauchboot gezogen. Während ich das Mikrofon für unsere Außenlautsprecheranlage suchte, war Tati bereits auf dem Achterdeck und versuchte sich mit dem Segler zu verständigen. Es gelang ihm zu uns an Bord zu kommen und wir versorgten ihn mit einem Satz trockener Klamotten.

Gerade rechtzeitig, denn das Unvorstellbare trat ein. Die Verhältnisse um uns herum steigerten sich zum Äußersten. Nur mit Hilfe unseres orkansicheren Windgenerators konnten wir die Stärke des Windes schätzen. Bei 12 Windstärken gehen die biegsamen Carbonflügel in Bremsstellung um eine Zerstörung des Generators zu verhindern und dieses trat nun ein. Das andere Schiff war durch den Regen nicht mehr zu erkennen. Der Skipper, sein Name war ebenfalls Tom, war bereits wieder nass bis auf die Haut, denn es hielt ihn nicht in unserem Salon. Schreiend und gestikulierend versuchte er sich mit den zwei bei ihm an Bord verbliebenen Frauen zu verständigen, die nach seinem Bericht bereits geraume Zeit mit ihm segelten, aber mit dem Schiff bei diesen Bedingungen nicht ausreichend vertraut waren. Die Yacht wurde von ihrem Anker nicht mehr gehalten und trieb auf die Felsen zu. Nur mit Hilfe unserer Lautsprecheranlage war ein Verständigungsversuch möglich, da die andere Yacht nicht mit UKW Seefunk ausgerüstet war. Ein Handy befand sich zwar an Bord aber in der Aufregung konnte der Skipper sich nicht an die Nummer erinnern. Den Skipper hielt es kaum an Bord. Mit Hilfe unserer Lautspecheranlage gelang es ihm jedoch die Frauen zum starten der Maschine aufzufordern. In letzter Sekunde konnten sie sich von den Felsen freihalten. Dennoch war das Schiff scheinbar unsteuerbar. Im Scheitelpunkt der Bucht befand sich ein flach auslaufender Sandstrand. Auf diesen trieb das Schiff nun zu und strandete. Eine der Frauen war ins Wasser gesprungen, welches ihr nur noch bis zu den Hüften reichte und konnte unter der Anweisung ihres Skippers zwei Landleinen zur Sicherung ausbringen.

Das Zentrum des Gewittersturms befand sich nun direkt über uns. Eine Serie von Blitzen erleuchtete für kurze Zeit die ansonsten nachtschwarze Szenerie. Der Skipper beorderte sein Crewmitglied zurück an Bord. Ganz sorglos konnten wir an Bord der Breakpoint auch nicht sein. Ein Blitzeinschlag könnte uns im Innern eines Metallrumpfes nichts anhaben, aber im Falle eines Treffers würden die mit der Schiffsmasse verbundenen Bordbatterien explodieren. Eine Trennung der Bordbatterien ist zwar technisch möglich, beraubt uns aber der Stromversorgung. In einer Lage wie dieser die Maschine jederzeit sofort starten zu können erschien uns aber wichtiger. Noch hielt unsere Muring. Gemäß unserer Unterlagen an Bord sind die Muringtonnen in diesem Gebiet für Schiffe mit einem Gewicht von 8 Tonnen ausgelegt. Unter normalen Bedingungen, unter Berücksichtigung des vorhandenen Sicherheitsaufschlags für Breakpoint mit ca. 14 Tonnen gerade noch vertretbar. Allerdings nicht in dieser Situation.

Nach ca. 2 Stunden ließ der Gewitterorkan so weit nach, das Tom 2 gefahrlos zu seinem gestrandeten Schiff zurückkehren konnte. Inzwischen von uns mit einem 3. Satz, diesmal regendichter Kleidung versorgt. Es schüttete nach wie vor wie aus Eimern. Dank Handy konnte er nun wenigstens Kontakt mit uns aufnehmen. Er berichtete, dass es an Bord keine größeren Schäden gegeben hatte. Es gelang ihm sogar ohne weitere Hilfe durch uns sein Schiff wieder flott zu machen und an eine Muringtonne neben uns zu verholen. Nun konnte ich im Schutz unseres GPS-Ankeralarms bis kurz vor 03:00 Uhr schlafen. Dann nahm der Wind wieder so weit zu, das ich mich zur Ankerwache entschloss. Auch Tati konnte nicht schlafen. Das Heulen des Sturms und die schroffe Felswand nur ca.30 m in Lee der Breakpoint geben mir im Falle des Nachgebens der Muringtonne eine maximale Reaktionszeit von etwa 20 Sekunden. Wenigstens begrüßte uns dieser Morgen mit wolkenlosem Himmel in herrlichem Blau und bestem Rückseitenwetter.

Nach diesen Wetterkapriolen ging es weiter nach Norden. Strömstadt erreichten wir mit achterlichem Wind von 7 Beaufort (in Böen 8) sehr schnell. Mit Reff 2 im Großsegel und in der Fock segelte die Breakpoint mit 7 bis 8 Knoten über den östlichen Skagerrak. Später im Hafen wurden die Krabben, die wir bei Abendsonne im Cockpit aßen, fast von den Tellern geweht. Strömstadt war dann auch unser Wendepunkt.

Zwischenzeitlich war ein Treffen zur Mitsommernacht mit Tom 2 (dem Skipper der Schnussi) im Hamburgsund ausgemacht. Als wir dort ankamen, waren viele Boote nach skandinavischen Brauch schon mit Birkenzweigen geschmückt. Somit wurden unsere Breakpoint und die Schnussi ebenfalls für das Fest hübsch gemacht. Wir stellten auf dem Steg Tische und Stühle auf und feierten gemütlich Mitsommernacht. Später packten wir Sekt, Schokolade, Musik und Decken ein und erklommen die höchste Schäre am Hafen. Man verliert zu dieser Jahreszeit im Norden absolut das Zeitgefühl, denn es wird kaum dunkel, die Tage sind traumhaft lang. Somit sahen wir die Sonne erst um 23.30 Uhr untergehen. Da wir sehr viel Spaß zusammen hatten, segelten wir noch ein paar Tage an der schwedischen Küste Richtung Süden. Dann trennten sich unsere Wege. Tom 2 blieb den Sommer über in Schweden. Wir mussten uns leider auf den Rückweg machen. Beim Törn über den Skagerrak verbiss sich eine Möwe in unserer Schleppangel. Mit viel Mühe konnte Tom sie befreien. Wie durch ein Wunder hatte sie sich nicht ernsthaft verletzt. Sie begleitete uns ein Stück, um sich von ihrem ungewollt langen Bad und dem Schreck zu erholen. Später flog sie dann dem Horizont entgegen. In Skagen erlebten wir noch ein großes Hafen-Festival mit viel Live-Musik. Das Hafenbecken war so voll, dass man trockenen Fußes von einer Pier zur anderen laufen konnte. Die Rücktour war wieder sehr anstrengend. Der Wind hatte gedreht und kam nun genau von vorne. Der Strom mit bis zu 3 Knoten Richtung Norden machte das Kreuzen ebenfalls nicht gerade zum Vergnügen. Die kleinen dänischen Häfen waren nun auch wegen der beginnenden Sommerferien sehr voll. Zusammen mit noch starken Winden war es für uns zwei mit den 14 Metern Yacht oft sehr schwierig Anlegeplätze zu finden. Der letzte lange Schlag ging von Samsö nach Fehmarn. Nach guten 24 Stunden gegen Wind, Welle und Strom sind wir morgens um 7.30 Uhr in Burgtiefe angekommen. Tom und ich hörten später noch nicht einmal den Hafenmeister klopfen, so tief schliefen wir.

Trotz teilweiser widriger Wind- und Wetterverhältnisse waren es sehr schöne Wochen auf der Breakpoint. Wir hatten also im wahrsten Sinne des Wortes stürmische Flitterwochen!

 

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