6. März 2007 |
Vom Archipel Juan Fernández haben wir unsere Querung
des Pazifischen Ozeans begonnen. Das erste Leg mit 1800 nm, unsere
bisher längste Ozean Passage. Das Ziel die Insel die wohl
zu Recht für sich in Anspruch nimmt einer der am meisten
isolierten, besiedelten Außenposten der Menschheit zu sein,
die Osterinsel. Verwaltungstechnisch gehört sie noch zu
Chile und wird deshalb auch meist Isla de Pascua genannt. Dies
leitet sich auch von ihrer Entdeckung, für den Rest der
Welt am Ostermontag 1722 durch den Niederländischen Kapitän
Jacob Roggeveen ab. |
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Ihre von vielen Mythen und Geheimnissen umgebene
Besiedlungsgeschichte sowie Kultur und deren Niedergang sind
polynesischen Ursprungs. Doch die heutigen ca. 3000 Bewohner
fühlen sich keiner dieser beiden Welten zugehörig.
Sie versuchen ihre eigene so spezielle Kultur und Lebensart zu
bewahren. Dies kommt unter anderem auch in Ihrer eigenen Sprache
zum Ausdruck. Für sie heißt die Insel Rapa Nui - Nabel
der Welt. |
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Hanga Roa Otai |
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Rano Kau |
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Bevor wir weiter über diesen faszinierenden
Ort berichten noch einige nautische Informationen zu unserer
Passage, für die wir mit einem Spitzen Etmal von 152,6 nm,
insgesamt 14 Segeltage benötigten. Hieraus zu erkennen,
eine Downwind Passage zur empfohlenen Reisezeit, mit generell
günstigen Winden. Doch der Pazifik stellte uns vor eine
neue Herausforderung. Der Stille Ozean ist von einer uns vom
Atlantik in dieser Form unbekannten Wellen Situation geprägt.
Durch die häufigen Stürme im südlichen Pazifik
ist ein Grundschwell mit einer durchschnittlichen Höhe von
ca. 3-4 m aus SW ständig vorhanden. Dieser hat eine relativ
lange Frequenz von 8-10 Sekunden und stellte auch für unseren
Autopiloten kein Problem dar. Zur Zeit unserer Passage bestand
eine ausgeprägte Hochdrucksituation mit 1034 hPa. So entstanden
durch Überentwicklung starke, gewittrige Cumulus Nimbus
Formationen die zu Squalls führten die die Windstärke
innerhalb weniger Minuten von 10 kn auf 40 kn ansteigen ließ.
Zusätzlich entstand sehr schnell eine Windwelle die 3 -
4 m erreichte und zusammen mit dem erwähnten Grundschwell
eine ausgesprochen unangenehme durcheinander laufende Dünung
erzeugte. Am Tage hatten wir hiermit nur das Problem das alle
Bewegungen auf dem Schiff zum akrobatischen Akt wurden. In einigen
Nächten jedoch, wo sich nähernde Squalls durch vollständige
Wolkenbedeckung nicht vorzeitig zu erkennen waren, mussten wir
ständig die Segel anpassen. Durch den Schwell und den generell
schwachen Wind hatten wir unsere 78 qm Genua ausgebaumt. Während
eines nächtlichen, hektischen Manöver zum Reffen, für
welches die Freiwache geweckt werden musste, haben wir für
einen Moment die Orientierung verloren und die Genua kam back
was wieder einmal unseren offensichtlich unterdimensionierten
Spibaum kostete. Da der Wind in den folgenden 2 Tagen direkt
von achtern kam mussten wir improvisieren und das Vorsegel mit
Hilfe unseres Großbaum stabilisieren. Letztlich konnten
wir damit unseren vorgesehenen Kurs zur Osterinsel halten, deren
Besuch wir natürlich nicht aufgeben wollten und der nun
auch zur Reparatur und Rig Kontrolle dringend erforderlich war.
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Die ersten Tage unseres Aufenthalts wurden
durch diese Arbeiten bestimmt. Die Leute hier sind ausgesprochen
freundlich und hilfsbereit. Lediglich gibt es so gut wie keine
technischen Einrichtungen oder Personen, die eine solche Arbeit
ausführen können. Werkzeug und Reparatur Material mussten
wir aus Bordmitteln bereitstellen. Ein freundlicher Australier
stellte uns seine Halle zur Verfügung. Die Arbeit selbst
musste von Tatjana und mir ausgeführt werden. |
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Reparaturarbeiten |
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Zum Abschluß des nautischen Teils noch
einige Hinweise zur Situation am Ankerplatz. Der einzige Hafen,
Hanga Piko war für uns aus mehreren Gründen keine Option.
Ansteuerung schwierig und nur mit Lotse (100,- $ US) möglich.
Kaum Raum zum manövrieren für unsere Schiffsgröße,
dubiose Mooring-Techniken mit Anker unter einer Kette einhaken,
bei Wetterwechsel keine Möglichkeit offenen Seeraum zu erreichen.
Häufige Verladearbeiten mit Transportbooten. Die Alternative,
der Ankerplatz vor offener Küste bei Hanga Roa. Von SW über
W bis NW keine versteckten Gefahren bei der Ansteuerung. Minimale
Tiefe um 20 m, Grund Felsgestein mit einzelnen Korallenköpfen.
Anker können sich nicht eingraben, aber an Korallenköpfen
unlösbar verhaken. Kette sich dort verwickeln. Tiefe nimmt
schnell zu. Bei Aufenthalt an Land hatten wir stehts ein unruhiges
Gefühl. Kurzfristige Änderung der Wind und Wellensituation
sind häufig. Einige vorhandene Moorigbojen sind für
Yachten unterdimensioniert und werden von lokalen Fischern bzw.
Tauchern benutzt. Bei Winden bis 27 kn genügte unser Setup
mit 70 m 10 mm Kette, am Ende ein Bügelanker 32 Kg, in der
Mitte der Kette weitere 10 m Kette mit 2. Bügelanker 30
Kg eingeschäkelt. Ankerboje. Um den geschützten Anlegepunkt
Hanga Roa Otai mit dem Dinghy zu erreichen muss man durch die
Brandungszone. Es handelt sich um den lokalen Point Break der
Surfer die ständig dort sind. Dieser Ankerplatz war der
rolligste auf dem wir bisher gelegen haben. Hang lose ;-)) |
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Diese ungünstigen Umstände werden durch das Erlebnis Osterinsel
ausgeglichen. Um die Insel und ihre Besiedlungsgeschichte sowie
die Moais und ihren Transport ranken sich viele Mythen und Legenden
die von simpler Muskelkraft bis zu extraterristischen Raumschiffen
reichen. Auch neuere archäologische Forschungen lassen viele
Fragen offen, zumal die Schrift Rongorongo, die von der herrschenden
Kaste der Langohren vor allem bei Zeremonien verwendet wurde,
bis heute nicht entschlüsselt werden konnte. Weitgehende
Einigkeit besteht über die Theorie, das die Osterinsel im
Rahmen der Expansion des polynesischen Kulturraums, ca. um 450
n.Chr. von den Marquesas aus besiedelt wurde. Dieser Ankunft
eines Königs mit zwei hochseetüchtigen Kanus von ca.
40 m Länge und ca. 250 Männern, Frauen und Kindern
an Bord ging eine Erkundung durch 7 Krieger, deren in Ahu Akivi
gedacht wird, voraus. |
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Ahu Akivi 7 Krieger |
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Grundlage der Kultur der Moais waren die
sogenannten Ahu. Zeremonielle Versammlungsplätze, von denen
jeder der Clans die sich bildeten, einen besaß. Es gibt
ca. 245 dieser Ahu, mit Ausnahme des Ahu Akivi alle entlang der
Küstenlinie der Osterinsel. Nur dort trat das Regenwasser
als Lebensgrundlage aus dem porösen Lavagestein zu Tage.
Die Kolossalfiguren, Moai, wurden zur Verehrung der Clan-Führer
und als Verbindungsglied zu den Ahnen auf einem Drittel dieser
Ahu erfolgreich aufgerichtet. |
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Ahu Tongariki |
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Moai bei Rano Ranaku |
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Rapa Nui |
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Die Figuren wurden ausschließlich
am Vulkan Rano Raraku aus vulkanischem Tuffgestein geschlagen
und bis auf die Augen vollständig fertig gestellt. Dann
wurden sie zum jeweiligen Ahu transportiert. Nach dem Tod des
Clanchef wurde seine Leiche vor dem Moai plaziert und die Augen, über
die der spirituelle Übergang des Geistes erfolgte, eingesetzt. |
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Einziger Moai mit Augen |
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Besondere Erwähnung verdient noch der Vogelmann-Kult. Einmal
jährlich wurde im Zeremoniendorf Orongo auf dem Rano Kau
der oberste Prister aller Clans ermittelt. Wer die sportliche
Leistung überlebte, die 350 m hohen nahezu senkrechten Felsen
hinab zu klettern, auf eine der vorgelagerten Islets hinüber
zu schwimmen, diese zu erklimmen um das schwarze Ei der Seeschwalbe
zu finden und dann ohne dieses zu verlieren oder zu beschädigen
auf dem gleichen Weg zurück zu bringen wurde, wenn er der
Erste war, zum Vogelmann ernannt. Er konnte diese Ehre, die ihn
unter anderem dazu berechtigte die Personen zu benennen, denen
die Ehre zu Teil wurde den Göttern als Menschenopfer dargebracht
zu werden, für sich behalten oder an seinen Clanchef übertragen.
Also wie Ihr seht, nichts wirklich Neues verglichen mit dem Berufsleben
in Deutschland. |
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Vogelmann Symbole |
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Zum Abschluß möchten wir diese Gelegenheit
nutzen uns beim Trans Ocean Stützpunktleiter Hermann Fritsch
für Rat und Tat ganz herzlich zu bedanken (www.hangaroatours.com).
Sein Restaurant Avareipua ist nur wenige Schritte vom Anlegeplatz
Hanga Roa Otai entfernt. Unser Dank gilt auch Edith und Bill
vom Hotel Taura’a (www.tauraahotel.cl), welche uns bei
unseren Reparaturarbeiten unterstützt haben und uns mit
vielen Informationen geholfen haben, die unseren Aufenthalt hier
erleichtert haben. Bei günstigen Wetterbedingungen werden
wir unsere Pazifiküberquerung Richtung Pitcairn Island fortsetzen. |
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